Erzähler, Einsiedler, Satyros, Asinoe, Psyche, Hermes, 1. aus dem Volke, 2. aus dem Volke, 3. aus dem Volke, Eudora
Erzähler:
Intro
(Castlist)
Erzähler gelesen von [Name]
Einsiedler gelesen von [Name]
Satyros gelesen von [Name]
Asinoe gelesen von [Name]
Psyche gelesen von [Namen]
Hermes gelesen von [Name]
1. aus dem Volke gelesen von [Name]
2. aus dem Volke gelesen von [Name]
3. aus dem Volke gelesen von [Name]
Eudora gelesen von [Name]
Erzähler:
Satyros oder Der vergötterte Waldteufel
Erster Akt
Einsiedler:
Ihr
denkt, ihr Herrn, ich bin allein,
Weil ich nicht mag in Städten
sein.
Ihr irrt euch, liebe Herren mein!
Ich hab mich nicht
hierher begeben,
Weil sie in Städten so ruchlos leben
Und
alle wandeln nach ihrem Trieb,
Der Schmeichler, Heuchler und der
Dieb:
Das hätt mich immerfort ergötzt,
Wollten sie nur
nicht sein hochgeschätzt,
Bestehlen und bescheißen mich, wie
die Raben,
Und noch dazu Reverenzen haben!
Ihrer
langweiligen Narrheit satt,
Bin herausgezogen in Gottes
Stadt;
Wo's freilich auch geht drüber und drunter
Und geht
demohngeacht nicht unter.
Ich sah im Frühling ohne Zahl
Blüten
und Knospen durch Berg und Tal,
Wie alles drängt und alles
treibt,
Kein Pläcklein ohne Keimlein bleibt.
Da denkt nun
gleich der steif Philister:
Das ist für mich und meine
Geschwister.
Unser Herrgott ist so gnädig heuer;
Hätt
ich's doch schon in Fach und Scheuer!
Unser Herrgott spricht:
Aber mir nit so;
Es sollen's ander auch werden froh.
Da
lockt uns denn der Sonnenschein
Störch und Schwalb aus der
Fremd herein,
Den Schmetterling aus seinem Haus,
Die
Fliegen aus den Ritzen 'raus,
Und brütet das Raupenvölklein
aus.
Das quillt all von Erzeugungskraft,
Wie sich's hat aus
dem Schlaf gerafft;
Vögel und Frösch und Tier' und
Mücken
Begehn sich zu allen Augenblicken,
Hinten und vorn,
auf Bauch und Rücken,
Daß man auf jeder Blüt und Blatt
Ein
Eh- und Wochenbettlein hat.
Und sing ich denn im Herzen mein
Lob
Gott mit allen Würmelein.
Das Volk will dann zu essen
haben,
Verzehren bescherte Gottesgaben.
So frißt's
Würmlein frisch Keimlein-Blatt,
Das Würmlein macht das
Lerchlein satt,
Und weil ich auch bin zu essen hier,
Mir
das Lerchlein zu Gemüte führ.
Ich bin denn auch ein häuslich
Mann,
Hab Haus und Stall und Garten dran.
Mein Gärtlein,
Früchtlein ich beschütz
Vor Kält und Raupen und dürrer
Hitz.
Kommt aber herein der Kieselschlag
Und furaschiert
mir an einem Tag,
So ärgert mich der Streich fürwahr;
Doch
leb ich noch am End vom Jahr,
Wo mancher Werwolf ist schon
tot
Aus Ängsten vor der Hungersnot.
Erzähler:
Man hört von ferne heulen:
Satyros:
U! U! Au! Au! Weh! Weh! Ai! Ai!
Einsiedler:
Welch
ein erbärmlich Wehgeschrei!
Muß eine verwundte Besti' sein.
Satyros:
O
weh, mein Rücken! o weh, mein Bein!
Einsiedler:
Gut
Freund, was ist Euch Leids geschehn?
Satyros:
Dumme
Frag! Ihr könnt's ja sehn.
Ich bin gestürzt – entzwei mein
Bein!
Einsiedler:
Hockt
auf! Hier in die Hütten 'rein.
Erzähler:
Einsiedler hockt ihn auf, trägt ihn in die Hütte und legt ihn aufs Bett.
Einsiedler:
Halt
still, daß ich die Wund beseh!
Satyros:
Ihr
seid ein Flegel! Ihr tut mir weh.
Einsiedler:
Ihr
seid ein Fratz! so halt denn still!
Wie Teufel ich Euch da
schindeln will?
Erzähler:Verbindet
ihn.
Einsiedler:
So bleibt nur wenigstens in Ruh!
Satyros:
Schafft
mir Wein und Obst dazu.
Einsiedler:
Milch
und Brot, sonst nichts auf der Welt.
Satyros:
Eure
Wirtschaft ist schlecht bestellt.
Einsiedler:
Des
vornehm Gasts mich nicht versah.
Da kostet von dem Topfe da!
Satyros:
Pfui!
was ist das ein ä Geschmack
Und magrer als ein Bettelsack.
Da
droben im G'birg die wilden Ziegen,
Wenn ich eine bei'n Hörnern
tu kriegen,
Faß mit dem Maul ihre vollen Zitzen,
Tu mir
mit Macht die Gurgel bespritzen,
Das ist, bei Gott! ein ander
Wesen.
Einsiedler:
Drum
eilt Euch, wieder zu genesen.
Satyros:
Was
blast Ihr da so in die Hand?
Einsiedler:
Seid
Ihr nicht mit der Kunst bekannt?
Ich hauch die Fingerspitzen
warm.
Satyros:
Ihr
seid doch auch verteufelt arm.
Einsiedler:
Nein,
Herr! ich bin gewaltig reich:
Meinem eignen Mangel helf ich
gleich.
Wollt Ihr von Supp und Kraut nicht was?
Satyros:
Das
warm Geschlapp, was soll mir das?
Einsiedler:
So
legt Euch denn einmal zur Ruh,
Bringt ein paar Stund mit
Schlafen zu.
Will sehen, ob ich nicht etwan
Für Euren Gaum
was finden kann.
Erzähler:
Ende des ersten Akts.
Zweiter Akt
Erzähler:
Satyros erwachend:
Satyros:
Das
ist ein Hunde-Lagerstätt!
Ein's Missetäters
Folterbett!
Aufliegen hab ich tan mein'n Rücken,
Und die
Unzahl verfluchte Mücken!
Bin kommen in ein garstig Loch.
In
meiner Höhl, da lebt man doch;
Hat Wein im wohlgeschnitzten
Krug
Und fette Milch und Käs genug. –
Kann doch wohl
wieder den Fuß betreten? –
Da ist dem Kerl sein Platz zu
beten.
Es tut mir in den Augen weh,
Wenn ich dem Narren
seinen Herrgott seh.
Wollt lieber eine Zwiebel anbeten,
Bis
mir die Trän in die Augen träten,
Als öffnen meines Herzens
Schrein
Einem Schnitzbildlein, Querhölzelein.
Mir geht in
der Welt nichts über mich:
Denn Gott ist Gott, und ich bin
ich.
Ich denk, ich schleiche so hinaus;
Der Teufel hol den
Herrn vom Haus!
Könnt ich nicht etwa brauchen was?
Das
Leinwand nu wär so ein Spaß.
Die Maidels laufen so vor
mir;
Ich denk, ich bind's so etwa für.
Seinen Herrgott
will ich runter reißen
Und draußen in den Gießbach schmeißen.
Erzähler:
Ende des zweiten Akts.
Dritter Akt
Satyros:
Ich
bin doch müd; 's ist höllisch schwül.
Der Brunn, der ist so
schattenkühl.
Hier hat mir einen Königsthron
Der Rasen ja
bereitet schon;
Und die Lüftelein laden mich all
Wie lose
Buhlen ohne Zahl.
Natur ist rings so liebebang;
Ich will
dich letzen mit Flöt und Sang.
Erzähler:
Zwei Mägdlein mit Wasserkrügen.
Asinoe:
Hör,
wie's daher so lieblich schallt!
Es kömmt vom Brunn oder aus 'm
Wald.
Psyche:
Es
ist kein Knab von unsrer Flur;
So singen Himmelsgötter
nur.
Komm, laß uns lauschen!
Asinoe:
Mir
ist bang.
Psyche:
Mein
Herz, ach! lechzt nach dem Gesang.
Erzähler:
Satyros singt.
Satyros:
Dein
Leben, Herz, für wen erglüht's?
Dein Adlerauge, was
ersieht's?
Dir huldigt ringsum die Natur,
's ist alles
dein;
Und bist allein,
Bist elend nur!
Asinoe:
Der
singt wahrhaftig gar zu schön!
Psyche:
Mir
will das Herz in meiner Brust vergehn.
Erzähler:
Satyros singt.
Satyros:
Hast
Melodie vom Himmel geführt
Und Fels und Wald und Fluß
gerührt;
Und wonnlicher war dein Lied der Flur
Als
Sonneschein;
Und bist
allein,
Bist elend nur!
Psyche:
Welch
göttlich hohes Angesicht!
Asinoe:
Siehst
denn seine langen Ohren nicht?
Psyche:
Wie
glühend stark umher er schaut!
Asinoe:
Möcht
drum nicht sein des Wunders Braut.
Satyros:
O
Mädchen hold, der Erde Zier!
Ich bitt euch, fliehet nicht vor
mir.
Psyche:
Wie
kommst du an den Brunnen hier?
Satyros:
Woher
ich komm, kann ich nicht sagen,
Wohin ich geh, müßt ihr nicht
fragen.
Gebenedeit sind mir die Stunden,
Da ich dich,
liebes Paar! gefunden.
Psyche:
O
lieber Fremdling! sag uns recht,
Welch ist dein Nam und dein
Geschlecht?
Satyros:
Meine
Mutter hab ich nie gekannt,
Hat niemand mir mein'n Vater
genannt.
Im fernen Land hoch Berg und Wald
Ist mein
beliebter Aufenthalt.
Hab weit und breit meinen Weg genommen.
Psyche:
Sollt
er wohl gar vom Himmel kommen?
Asinoe:
Von
was, o Fremdling, lebst du dann?
Satyros:
Vom
Leben, wie ein andrer Mann.
Mein ist die ganze weite Welt,
Ich
wohne, wo mir's wohlgefällt.
Ich herrsch übers Wild und
Vögelheer,
Frücht auf der Erden und Fisch im Meer.
Auch
ist auf'm ganzen Erdenstrich
Kein Mensch so weis und klug als
ich.
Ich kenn die Kräuter ohne Zahl,
Der Sterne Namen
allzumal,
Und mein Gesang, der dringt ins Blut
Wie Weines
Geist und Sonnen Glut.
Psyche:
Ach
Gott! ich weiß, wie's einem tut.
Asinoe:
Hör,
das wär meines Vaters Mann.
Psyche:
Ja
freilich!
Satyros:
Wer
ist dein Vater dann?
Asinoe:
Er
ist der Priester und Ältest im Land,
Hat viele Bücher und viel
Verstand,
Versteht sich auch auf Kräuter und Sternen;
Ihr
müßt ihn wahrhaftig kennen lernen.
Psyche:
So
lauf und bring ihn schwind herbei!
Erzähler:
Arsinoe ab.
Satyros:
So
sind wir denn allein und frei.
O Engelskind! Dein himmlisch
Bild
Hat meine Seel mit Wonn erfüllt.
Psyche:
O
Gott! seitdem ich dich gesehn,
Kann kaum auf meinen Füßen
stehn.
Satyros:
Von
dir glänzt Tugend-Wahrheits-Licht
Wie aus eines Engels
Angesicht.
Psyche:
Ich
bin ein armes Mägdelein,
Dem du, Herr! wollest gnädig sein.
Erzähler:
Er umfaßt sie.
Satyros:
Hab
alles Glück der Welt im Arm
So Liebe-Himmels-Wonne warm!
Psyche:
Dies
Herz mir schon viel Weh bereit't,
Nun aber stirbt's in
Seligkeit.
Satyros:
Du
hast nie gewußt, wo mit hin?
Psyche:
Nie,
– als seitdem ich bei dir bin.
Satyros:
Es
war so ahnungsvoll und schwer,
Dann wieder ängstlich arm und
leer;
Es trieb dich oft in Wald hinaus,
Dort Bangigkeit zu
atmen aus;
Und wollustvolle Tränen flossen,
Und heilge
Schmerzen sich ergossen,
Und um dich Himmel und Erd verging?
Psyche:
O
Herr! Du weißest alle Ding.
Und aller Seligkeit
Wahntraumbild
Fühl ich erbebend voll erfüllt.
Erzähler:
Er küßt sie mächtig.
Psyche:
Laß
ab! – mich schaudert's – Wonn und Weh –
O Gott im Himmel!
ich vergeh –
Erzähler:
Hermes und Arsinoe kommen.
Hermes:
Willkommen,
Fremdling, in unserm Land.!
Satyros:
Ihr
tragt ein verflucht weites Gewand.
Hermes:
Das
ist nun so die Landesart.
Satyros:
Und
einen lächerlich krausen Bart.
Erzähler:
Arsinoe
leise zu Psyche.
Asinoe:
Dem Fratzen da ist gar nichts recht.
Psyche:
O
Kind! er ist von einem Göttergeschlecht.
Hermes:
Ihr
scheint mir auch so wunderbar.
Satyros:
Siehst
an mein ungekämmtes Haar,
Meine nackte Schultern, Brust und
Lenden,
Meine lange Nägel an den Händen;
Da ekelt dir's
vielleicht dafür?
Hermes:
Mir
nicht!
Psyche:
Mir
auch nicht.
Erzähler:
Arsinoe
für sich.
Asinoe:
Aber mir!
Satyros:
Ich
wollt sonst schnell von hinnen eilen
Und in dem Wald mit den
Wölfen heulen,
Wenn ihr euer unselig Geschick
Wolltet
wähnen für Gut und Glück,
Eure Kleider, die euch
beschimpfen,
Mir als Vorzug entgegenrümpfen.
Hermes:
Herr!
es ist eine Notwendigkeit.
Psyche:
O,
wie beschwert mich schon mein Kleid!
Satyros:
Was
Not! Gewohnheitsposse nur,
Fernt euch von Wahrheit und
Natur,
Drin doch alleine Seligkeit
Besteht, und
Lebens-Liebens-Freud;
Seid all zur Sklaverei verdammt,
Nichts
Ganzes habt ihr allzusamt!
Erzähler:
Es drängt sich allerlei Volks zusammen.
1.
aus dem Volke:
Wer
mag der mächtig Redner sein?
2.
aus dem Volke:
Einem
dringt das Wort durch Mark und Bein.
Satyros:
Habt
eures Ursprungs vergessen,
Euch zu Sklaven versessen,
Euch
in Häuser gemauert,
Euch in Sitten vertrauert,
Kennt die
goldnen Zeiten
Nur aus Märchen, von weiten.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Weh
uns! Weh!
2. aus dem Volke:
Weh uns! Weh!
3. aus dem Volke:
Weh uns! Weh!
Satyros:
Da
eure Väter neugeboren
Vom Boden aufsprangen,
In
Wonnetaumel verloren
Willkommelied sangen,
An mitgeborner
Gattin Brust,
Der rings aufkeimenden Natur,
Ohne Neid gen
Himmel blickten,
Sich zu Göttern entzückten.
Und ihr –
wo ist sie hin, die Lust
An sich selbst? Siechlinge, verbannet
nur!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Weh!
Weh!
2. aus dem Volke:
Weh! Weh!
3. aus dem Volke:
Weh! Weh!
Satyros:
Selig,
wer fühlen kann,
Was sei :Gott sein! Mann!
Seinem Busen
vertraut,
Entäußert bis auf die Haut
Sich alles fremden
Schmucks,
Und nun ledig des Drucks
Gehäufter
Kleinigkeiten, frei
Wie Wolken, fühlt was Leben sei!
Stehn
auf seinen Füßen,
Der Erde genießen,
Nicht kränklich
erwählen,
Mit Bereiten sich quälen;
Der Baum wird zum
Zelte,
Zum Teppich das Gras,
Und rohe Kastanien
Ein
herrlicher Fraß!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! O hätten wir's schon!
2.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! O hätten wir's schon!
3.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! O hätten wir's schon!
Satyros:
Was
hält euch zurücke
Vom himmlischen Glücke?
Was hält euch
davon?
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Jupiters Sohn!
2.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Jupiters Sohn!
3.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Jupiters Sohn!
Satyros:
Folgt
mir, ihr Werten!
Herren der Erden!
Alle gesellt!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Unser die Welt!
2.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Unser die Welt!
3.
aus dem Volke:
Rohe
Kastanien! Unser die Welt!
Erzähler:
Ende des dritten Aktes.
Vierter Akt
Erzähler:
Im Wald
Satyros, Hermes, Psyche, Arsinoe, Das Volk sitzen in einem Kreise alle gekauert wie die Eichhörnchen, haben Kastanien in den Händen und nagen daran.
Erzähler:
Hermes für sich.
Hermes:
Sackerment!
ich habe schon
Von der neuen Religion
Eine verfluchte
Indigestion!
Satyros:
Und
bereitet zu dem tiefen Gang
Aller Erkenntnis, horchet meinem
Gesang!
Vernehmet, wie im Unding
Alles durcheinander
ging;
Im verschloßnen Haß die Elemente tosend,
Und Kraft
an Kräften widrig von sich stoßend,
Ohne Feindsband, ohne
Freundsband,
Ohne Zerstören, ohne Vermehren.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Lehr
uns, wir hören!
2.
aus dem Volke:
Lehr
uns, wir hören!
3.
aus dem Volke:
Lehr
uns, wir hören!
Satyros:
Wie
im Unding das Urding erquoll,
Lichtsmacht durch die Nacht
scholl,
Durchdrang die Tiefen der Wesen all,
Daß aufkeimte
Begehrungsschwall
Und die Elemente sich erschlossen,
Mit
Hunger ineinander ergossen,
Alldurchdringend, alldurchdrungen.
Hermes:
Des
Mannes Geist ist von Göttern entsprungen.
Satyros:
Wie
sich Haß und Lieb gebar
Und das All nun ein Ganzes war,
Und
das Ganze klang
In lebend wirkendem Ebengesang,
Sich täte
Kraft in Kraft verzehren,
Sich täte Kraft in Kraft
vermehren,
Und auf und ab sich rollend ging
Das all und ein
und ewig Ding,
Immer verändert, immer beständig!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Es
ist ein Gott!
2.
aus dem Volke:
Es
ist ein Gott!
3.
aus dem Volke:
Es
ist ein Gott!
Hermes:
Wie
wird die Seele lebendig
Vom Feuer seiner Rede!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Gott!
Gott!
2.
aus dem Volke:
Gott!
Gott!
3.
aus dem Volke:
Gott!
Gott!
Psyche:
Heiliger
Prophete!
Gottheit! an deinen Worten, an deinen Blicken
Ich
sterbe für Entzücken!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Sinkt
nieder!
Betet an!
2.
aus dem Volke:
Sinkt
nieder!
Betet an!
3.
aus dem Volke:
Sinkt
nieder!
Betet an!
2.
aus dem Volke:
Sei
uns gnädig!
1.
aus dem Volke:
Wundertätig
Und
herrlich!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
2.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
3.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
3.
aus dem Volke:
Die
Finsternis ist vergangen.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
2.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
3.
aus dem Volke:
Nimm
dies Opfer an!
2.
aus dem Volke:
Der
Tag bricht herein.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Wir
sind dein!
Gott, dein! ganz dein!
2.
aus dem Volke:
Wir
sind dein!
Gott, dein! ganz dein!
3.
aus dem Volke:
Wir
sind dein!
Gott, dein! ganz dein!
Erzähler:
Der Einsiedler kommt durch den Wald gerade auf den Satyros zu.
Einsiedler:
Ah,
saubrer Gast! find ich dich hier,
Du ungezogen schändlich Tier!
Satyros:
Mit
wem sprichst du?
Einsiedler:
Mit
dir!
Wer hat bestohlen mich undankbar?
Meines Gottes Bild
geraubet gar?
Du hinkender Teufel!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Höllenspott!
Er
lästert unsern herrlichen Gott!
2.
aus dem Volke:
Höllenspott!
Er
lästert unsern herrlichen Gott!
3.
aus dem Volke:
Höllenspott!
Er
lästert unsern herrlichen Gott!
Einsiedler:
Du
wirst von keiner Schande rot.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Der
Lästrer hat verdient den Tod.
Steinigt ihn!
2.
aus dem Volke:
Der
Lästrer hat verdient den Tod.
Steinigt ihn!
3.
aus dem Volke:
Der
Lästrer hat verdient den Tod.
Steinigt ihn!
Satyros:
Haltet
ein!
Ich will nicht dabei zu gegen sein.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Sein
unrein Blut, du himmlisch Licht,
Fließ fern von deinem
Angesicht!
2.
aus dem Volke:
Sein
unrein Blut, du himmlisch Licht,
Fließ fern von deinem
Angesicht!
3.
aus dem Volke:
Sein
unrein Blut, du himmlisch Licht,
Fließ fern von deinem
Angesicht!
Satyros:
Ich
gehe!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Doch
verlaß uns nicht!
2.
aus dem Volke:
Doch
verlaß uns nicht!
3.
aus dem Volke:
Doch
verlaß uns nicht!
Erzähler:
Satyros ab.
Einsiedler:
Seid
ihr toll?
Hermes:
Unseliger,
kein Wort!
Bringt ihn an einen sichern Ort!
Geht,
verschließt ihn in meine Wohnung.
Erzähler:
Sie führen den Einsiedler ab.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Sterben
soll er!
2.
aus dem Volke:
Sterben
soll er!
3.
aus dem Volke:
Sterben
soll er!
Hermes:
Er
verdient keine Schonung.
Und zu versühnen den himmlischen
Geist,
Der uns sich so gnädig und liebreich erweist,
Wollen
wir ihm unsern Tempel weihn
Und mit dem blutigen Opfer erfreun.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Wohl!
Wohl!
2.
aus dem Volke:
Wohl!
Wohl!
3.
aus dem Volke:
Wohl!
Wohl!
Hermes:
Zur
Gottheit Füßen
Den Frevel zu büßen.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Das
Verbrechen
Zu rächen,
Zu tilgen den Spott.
2.
aus dem Volke:
Das
Verbrechen
Zu rächen,
Zu tilgen den Spott.
3.
aus dem Volke:
Das
Verbrechen
Zu rächen,
Zu tilgen den Spott.
(Alle.)
Hermes:
Zernichtet
die Lästrer,
Verherrlichet Gott!
1.
aus dem Volke:
Zernichtet
die Lästrer,
Verherrlichet Gott!
2.
aus dem Volke:
Zernichtet
die Lästrer,
Verherrlichet Gott!
3.
aus dem Volke:
Zernichtet
die Lästrer,
Verherrlichet Gott!
Erzähler:
Ende des vierten Akts.
Fünfter Akt
Erzähler:
Wohnung des Hermes
Eudora, Hermes' Frau. Der Einsiedler.
Eudora:
Nimm,
guter Mann, dies Brot und Milch von mir,
Es ist das Letzte.
Einsiedler:
Weib!
ich danke dir.
Und weine nicht, laß mich in Ruhe scheiden;
Dies
Herz ist wohlgewöhnt zu leiden,
Allein zu leiden
männiglich.
Dein Mitleid überwältigt mich.
Eudora:
Ich
bin betrübt, wie Blutdurst meinen Mann,
Das ganze Volk der
Schwindel fassen kann!
Einsiedler:
Sie
glauben. – Laß sie! Du wirst nichts gewinnen.
Das Schicksal
spielt
Mit unserm armen Kopf und Sinnen.
Eudora:
Dich
um des Tiers willen töten!
Einsiedler:
Tiers!
Wer sein Herz bedürftig fühlt,
Find't überall einen
Propheten.
Ich bin der erste Märtyrer nicht,
Aber gewiß
der harmlosen einer;
Um keiner Meinungen, keiner
Willkürlichen
Grillen,
Um eines armen Lappens willen,
Eines Lappens, bei
Gott! den ich brauchte.
Mein Andachtsbild, den Schutzgott meiner
Ruh,
Raubt mir das Ungeheuer dazu.
Eudora:
O
Freund! ich kenn sein Götterblut wie du.
Mein Mann ward Knecht
in seiner eignen Wohnung,
Und Ihre borstge Majestät sah zur
Belohnung
Mich Hausfrau für einen arkadischen Schwan,
Mein
Ehbett für einen Rasen an,
Sich drauf zu tummeln.
Einsiedler:
Ich
erkenn ihn dran.
Eudora:
Ich
schickt ihn mit Verachtung weg. Er hing
Sich fester an Psyche,
das arme Ding,
Um mich zu trotzen! Und seit der Zeit
Sterb
ich oder seh dich befreit.
Einsiedler:
Sie
bereiten das Opfer heut.
Eudora:
Die
Gefahr lehrt uns bereit sein.
Ich geb nichts verloren;
Mit
einem Blicke lenk ich ein
Bei dem kühnen eingebild'ten Toren.
Einsiedler:
Und
dann?
Eudora:
Wann
sie dich zum Opfer führen,
Lock ich ihn an, sich zu
verlieren
In die innern heiligen Hallen,
Aus
Großmut-Sanftmut-Schein.
Da dring auf das Volk ein,
Uns zu
überfallen.
Einsiedler:
Ich
fürchte –
Eudora:
Fürchte
nicht!
Einer, der um sein Leben spricht,
Hat Gewalt. Ich
wage, und du sollst reden.
Erzähler:
Ab.
Einsiedler:
Geht's
nicht, so mögen sie mich töten.
Erzähler:
Der Tempel
Satyros sitzt ernst wild auf dem Altar. Das Volk vor ihm auf Knieen. Psyche an ihrer Spitze.
(Das Volk. Chorus.)
1.
aus dem Volke:
Geist
des Himmels, Sohn der Götter,
Zürne nicht!
Frevlern
deiner Stirne Wetter,
Uns ein gnädig Angesicht!
Hat der
Lästrer das verbrochen,
Sieh herab, du wirst
gerochen!
Schröcklich nahet sein Gericht.
2.
aus dem Volke:
Geist
des Himmels, Sohn der Götter,
Zürne nicht!
Frevlern
deiner Stirne Wetter,
Uns ein gnädig Angesicht!
Hat der
Lästrer das verbrochen,
Sieh herab, du wirst
gerochen!
Schröcklich nahet sein Gericht.
3.
aus dem Volke:
Geist
des Himmels, Sohn der Götter,
Zürne nicht!
Frevlern
deiner Stirne Wetter,
Uns ein gnädig Angesicht!
Hat der
Lästrer das verbrochen,
Sieh herab, du wirst
gerochen!
Schröcklich nahet sein Gericht.
Erzähler:
Hermes. Ihm folgt ein Trupp, den Einsiedler gebunden führend.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Höll
und Tod dem Übertreter!
Geist des Himmels, Sohn der
Götter,
Zürne deinen Kindern nicht!
2.
aus dem Volke:
Höll
und Tod dem Übertreter!
Geist des Himmels, Sohn der
Götter,
Zürne deinen Kindern nicht!
3.
aus dem Volke:
Höll
und Tod dem Übertreter!
Geist des Himmels, Sohn der
Götter,
Zürne deinen Kindern nicht!
Erzähler:
Satyros herabsteigend.
Satyros:
Ich
hab ihm seine Missetat verziehn!
Der Gerechtigkeit überlaß ich
ihn.
Mögt den Toren schlachten, befrein,
Ich will nicht
dawider sein.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
O
Edelmut!
Es fließe sein Blut!
2.
aus dem Volke:
O
Edelmut!
Es fließe sein Blut!
3.
aus dem Volke:
O
Edelmut!
Es fließe sein Blut!
Satyros:
Ich
geh ins Heiligtum hinein;
Und keiner soll sich unterstehn,
Bei
Lebensstraf, mir nachzugehn!
Erzähler:
Einsiedler für sich.
Einsiedler:
Weh
mir! Ihr Götter, wollet bei mir stehn!
Erzähler:
Satyros ab.
Einsiedler:
Mein
Leben ist in euren Händen,
Ich bin nicht unbereitet, es zu
enden.
Ich habe schon seit manchen langen Tagen
Nicht
genossen, nur das Leben so ausgetragen.
Es mag! Mich hält der
tränenvolle Blick
Des Freundes, eines lieben Weibes Not
Und
unversorgter Kinder Elend nicht zurück.
Mein Haus versinkt nach
meinem Tod,
Das dem Bedürfnis meines Lebens
Allein gebaut
war. Doch das schmerzt mich nur,
Daß ich die tiefe Kenntnis der
Natur
Mit Müh geforscht und, leider! nun vergebens;
Daß
hohe Menschenwissenschaft,
Manche geheimnisvolle Kraft,
Mit
diesem Geist der Erd entschwinden soll.
1.
aus dem Volke:
Ich
kenn ihn; er ist der Künste voll.
2.
aus dem Volke:
Was
Künste! Unser Gott weiß das all.
3.
aus dem Volke:
Ob
er sie sagt, das ist ein andrer Fall.
Einsiedler:
Ihr
seid über hundert. Wenn's zwei-, dreihundert wären,
Ich wollte
jeden sein eigen Kunststück lehren,
Einen jeden eins,
Denn
was alle wissen, ist keins.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Er
will uns beschwätzen. Fort! Fort!
2.
aus dem Volke:
Er
will uns beschwätzen. Fort! Fort!
3.
aus dem Volke:
Er
will uns beschwätzen. Fort! Fort!
Einsiedler:
Noch
ein Wort!
So erlaube, daß ich dir
Ein Geheimnis eröffne,
das für und für
Dich glücklich machen soll.
Hermes:
Und
wie soll's heißen?
Erzähler:
Einsiedler leise.
Einsiedler:
Nichts
weniger als den Stein der Weisen.
Komm von der Menge
Nur
einen Schritt in diese Gänge.
Erzähler:
Sie wollen gehn.
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Verwegner,
keinen Schritt!
2.
aus dem Volke:
Verwegner,
keinen Schritt!
3.
aus dem Volke:
Verwegner,
keinen Schritt!
Psyche:
Ins
Heiligtum! Und, Hermes, du gehst mit?
Vergissest des Gottes
Gebot?
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Auf!
Auf! Des Frevlers Blut und Tod!
2.
aus dem Volke:
Auf!
Auf! Des Frevlers Blut und Tod!
3.
aus dem Volke:
Auf!
Auf! Des Frevlers Blut und Tod!
Erzähler:
Sie reißen den Einsiedler zum Altare. Einer dringt dem Hermes das Messer auf.
Erzähler:
Eudora inwendig.
Eudora:
Hülfe!
Hülfe!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Welche
Stimme?
2.
aus dem Volke:
Welche
Stimme?
3.
aus dem Volke:
Welche
Stimme?
Hermes:
Das
ist mein Weib!
Einsiedler:
Gebietet
eurem Grimme
Einen Augenblick!
Erzähler:
Eudora inwendig.
Eudora:
Hülfe,
Hermes! Hülfe!
Hermes:
Mein
Weib! Götter, mein Weib!
Erzähler:
Er stößt die Türe des Heiligtums auf. Man sieht Eudora sich gegen des Satyros Umarmungen verteidigend.
Hermes:
Es
ist nicht möglich!
Erzähler:
Satyros läßt Eudoren los.
Eudora:
Da
seht ihr euren Gott!
(Das Volk.)
1.
aus dem Volke:
Ein
Tier! Ein Tier!
2.
aus dem Volke:
Ein
Tier! Ein Tier!
3.
aus dem Volke:
Ein
Tier! Ein Tier!
Satyros:
Von
euch Schurken keinen Spott!
Ich tät euch Eseln eine Ehr an,
Wie
mein Vater Jupiter vor mir getan;
Wollt eure dumme Köpf
belehren
Und euren Weibern die Mücken wehren,
Die ihr
nicht gedenkt ihnen zu vertreiben;
So mögt ihr denn im Dreck
bekleiben.
Ich zieh meine Hand von euch ab,
Lasse zu
edleren Sterblichen mich herab.
Hermes:
Geh!
wir begehren deiner nit.
Erzähler:
Satyros ab.
Einsiedler:
Es
geht doch wohl eine Jungfrau mit.
Erzähler:
Outro